Silke und Micha in Chile

Dienstag, 24. April 2007

Naturlehrpfade in der Reserva Nacional Rio Clarillo (Bericht 14)

Tja, so langsam wird es Herbst in Chile. Letzte Woche hatten wir in Santiago schon zwei richtig kühle Tage mit wolkig grauem Himmel und auch die Wettervorhersage für das Wochenende fiel nicht gerade berauschend aus.

Herbstlandschaft in der Reserva Nacional Rio Clarillo.

Nachdem es am Samstag morgen aber einigermaßen sonnig war, beschlossen wir einen kleinen Ausflug - vielleicht schon den letzten vor dem regnerischen chilenischen Winter - zu unternehmen. Als Ziel suchten wir kurzerhand die 1982 gegründete Reserva Nacional Rio Clarillo, ein ca. 13.000 Hektar großes Naturschutzgebiet 50 Kilometer südöstlich von Santiago aus.
Die Fahrt durch die südlichen Stadtteile von Santiago am Samstag vormittag gestaltete sich zwar wieder mal recht mühsam, da viele LKWs und Busse unterwegs waren und in Puente Alto die gesamte Durchfahrtsstraße momentan eine einzige Baustelle ist. Dennoch erreichten wir schließlich, wenn auch etwas gereizt, die Gemeinde Pirque. Vorbei an zwei feudalen Weingütern ging es noch etwa 10 Kilometer weiter durch eine recht ländliche Gegend.

Der Cerro Blanco, leider vor trübem Himmel.

Direkt südlich der nach Osten führenden Straße erhob sich der Cerro Blanco, ein 2200 Meter hoher Berg mit beeindruckend kahl-weißer Spitze. Kurz vor der CONAF-Kontrollstation endete die Teerstraße, wir bezahlten den Eintritt und bekamen von einem netten CONAF-Mitarbeiter einige Hinweise zum Aufbau des Parks.

Die Reserva liegt eingerahmt von bis zu 3500 Meter hohen Gipfeln im Vorgebirge der Anden.

Anschließend legte El Rojo wieder einmal das letzte Stück, 4 Kilometer bis zum eigentlichen Parkeingang und einen weiteren Kilometer im Park, auf einer staubigen aber gut befahrbaren Piste zurück. Wir stellten das Auto auf einem der nicht gerade überfüllten Parkplätze ab und orientierten uns erstmal.

Das steinige Bett des Rio Clarillo.

Durchzogen wird der Park vom Rio Clarillo, der innerhalb des Naturschutzgebietes aus dem Zusammenfluss der beiden Bergbäche Rio Los Lunes und Rio Cipreses entsteht und das Trinkwasser für die Gemeinde Pirque liefert.

Felsige Anstiege rechts und links des Rio Clarillo, bewachsen mit Sträuchern und Kakteen.

Hauptattraktion sind neben den im Sommer viel frequentierten Picknick- und Grillplätzen entlang des befahrbaren Hauptweges die von diesem abzweigenden, drei Wanderpfade, die als Naturlehrpfad angelegt sind. Senderos interpretativos: Quebrada Jonquera (1,2 km, 30 min), Peumo Carlos Díaz (1,7 km, 45 min) und Aliven Mahuida (3,2 km, 90 min). Am Wegrand stehen etliche Tafeln, die die typische Flora und Fauna der Region beschreiben.

Reptilien: Eidechsen, Iguanas und sogar (ungiftige) Schlangen gibt es hier.

Leider haben wir keinen Zorro (=Fuchs) gesehen.

Natürlich konnten wir wieder ein paar botanische Kenntnisse dazulernen. So gibt es hier vorwiegend Hartlaub-Gewächse mit Baumarten wie dem Peumo (eine Lorbeerart), dem Litre und dem Quillay (Seifenrindenbaum), daneben Hartlaub-Sträucher wie Espino (Hagedorn) und Macchia, die teilweise von parasitären Pflanzen (Tristerix) und Flechten (Liquenes) bewachsen sind.


Daneben findet man Zonen der um Santiago üblichen Steppenlandschaft mt Kakteen, Bromelien und dornigen Büschen.


Aufgrund des trockenen Klimas mit 7 nahezu regenlosen Monaten besteht zumindest im Sommer erhöhte Waldbrandgefahr und tatsächlich gab es im Jahr 1946 hier ein verheerendes Feuer, das große Teile des Baumbestandes vernichtete. Natürlich wurde danach wieder aufgeforstet, aber die Zahl wirklich alter Bäume ist verschwindend gering.

Verbrannter Baumstumpf, laut nebenstehender Tafel ein Relikt des Feuers von 1946. Zum Glück hat es nach dem Waldbrand wieder neu ausgetrieben.

In der Tierwelt sind neben etlichen Vogelarten verschiedene Eidechsen - unter anderem auch der chilenische Iguana mit bis zu 50 cm Länge, die Yaca - eine mausähnliche Beutelratte, Conejos (Kaninchen), der chilenische Fuchs und natürlich diverse Insekten und Käfer vertreten. Der größte davon, die Madre de Culebra misst 10 cm - diesem Tierchen möchte man eigentlich lieber nicht begegnen.

Solche unregelmäßigen Spinnennetze sieht man immer wieder - scheint fast als sei die Spinne betrunken gewesen.

Zwischen den großen Felsen sonnte sich eine gut getarnte Eidechse.

Außerdem gibt es in und entlang des Flusses Fische und Kröten. Allerdings scheint der nahende Herbst die meisten Tiere schon ins Winterquartier getrieben zu haben.

Kuriose Felsformationen und Micha als lebende Felsenstütze.

Über den stets gut markierten Weg ging es zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man das gesamte Tal überblicken konnte.

Die Aussichtsplattform, maximal für "Diez Personas" zugelassen, ob die Silke wohl aushält?

Tief unter uns der Rio Clarillo, mit dem Steg, den wir zuvor überquert hatten und dem breiten Hauptweg im Hintergrund.

Nach einer kleinen Pause ging es anschließend wieder ins Tal hinunter,


wo wir am Wegrand zwischen verblühten Pflanzen noch vereinzelt bunte Blumen


und ein paar Mora (Brombeeren) entdeckten.


Auch die vielen auf dem Weg liegenden trockenen Blätter kündigen den Herbst an


und zwischen den immergrünen Bäumen sieht man gelb-gefärbte Sträucher.


Herbstliche Stimmung entlang des felsigen Flussbetts des Rio Clarillo.

Im Anschluss an die kleine Wanderung über den Naturlehrpfad spazierten wir noch durch das neu angelegte Arboretum. Entlang eines Rundweges wurden dort auf engstem Raum so ziemlich alle in Mittelchile vertretenen Baumarten angepflanzt und mit großen Hinweistafeln versehen.

Frisch gepflanzte Chile-Palmen, die müssen noch viele Jahre wachsen, bis sie so groß sind, wie die im Parque Nacional La Campana.

Ein schon etwas größerer Peumo-Baum.

Es gibt dort Peumos, Araukarien, Chilepalmen, Murtilla (der Strauch der Murta-Beere, die wir im Urlaub schon gegessen hatten), Lleuque, Colliguay, Litre, Quillay, Cipreses, Canelo (Zimtbaum) und noch zig andere.



Da sich das Wetter am Nachmittag immer mehr eintrübte, machten wir uns anschließend auf den Heimweg.

Auf dem Rückweg, schon einen Kilometer nach dem Parkausgang sah Micha sie dann. Er brachte El Rojo sofort zum Stehen und erntete von Silke zuerst nur einen verwunderten Blick. Auf die Frage, was denn los sei, konnte er nur auf den Weg einige Meter voraus zeigen, denn da saß sie, die schon lange gesuchte...

Mal ganz ohne Terrarium, dafür in Freiheit und zum Anfassen.

chilenische "Araña de Pollito" (=Spinne des kleinen Hühnchens), eine Art Vogelspinne. Durch ihre Größe von deutlich über 10 Zentimetern und die rötliche Färbung war sie auf dem sandigen Fahrweg nicht zu übersehen. Während Silke lieber sitzen blieb, stieg Micha eilig aus dem Auto, um sich das kolossale Exemplar näher anzusehen und zu photographieren. Wie sich herausstellte, hätte er sich aber alle Zeit der Welt lassen können, da die Spinne - wohl durch die kühlen Außentemperaturen - träge an ihrer Position verharrte. Erst durch das Fallenlassen eines kleinen Steinchens in ihrer Nähe, krabbelte sie eilig einen guten Meter weiter Richtung Wegrand und blieb dort wieder sitzen.

Die chilenische Vogelspinne, für den Menschen ungefährlich, aber durch ihre Größe schon irgendwie furchteinflössend.

Nach dieser aufregenden Begegnung verlief die restliche Heimfahrt dann normal, wenn auch der noch immer dichte Verkehr und die Baustelle wieder nervten.

Am Sonntag wurden wir dann bereits um 6:20 Uhr von einem deutlichen Wackeln unseres Bettes geweckt. Rüttelte da jemand am Bettgestell, oder wie? Im Wohnzimmer klapperten zudem die Gläser hörbar im Regal und auf dem Parkplatz sprang sofort eine Autoalarmanlage an. Nach etwa 20 Sekunden war das "kleine" Erdbeben dann aber schon wieder vorbei und wir schliefen noch eine Weile. Erst nach dem Frühstück fanden wir im Internet heraus, dass das Beben eine Stärke von immerhin 5,6 auf der Richterskala hatte und das Epizentrum auch nur 130 Kilometer von Santiago entfernt war. Als so kräftig hatten wir es gar nicht empfunden; entweder waren wir noch im Halbschlaf, oder wir haben uns inzwischen schon an Erdbeben gewöhnt. Schäden gab es wie üblich keine.
Der restliche Tag brachte trübes und kaltes Wetter, das auch bis zum Dienstag andauerte und wodurch sich schon fast die Frage stellte, ob wir nicht die Heizung in unserer Wohnung einschalten sollten. Wir wollten dann aber auch nicht gleich überreagieren, zumal es ja noch nicht Winter ist.
Seit Dienstag nachmittag haben wir wieder Sonne - war also noch nichts mit Regen - und während des Tages ist es auch deutlich wärmer (so um die 25 Grad).