Silke und Micha in Chile

Dienstag, 15. Mai 2007

Wintersmog in Santiago

Nach dem monatelangen heißen und regenlosen Sommer, der manche Leser dieses Blogs in Deutschland schon mehr als neidisch werden ließ, dürfen sich diese nun freuen gerade nicht in Chile zu sein. Das Wetter in Santiago ist momentan nämlich eher zum Weglaufen. Nicht dass es regnen würde - tatsächlich gab es den letzten Niederschlag an einem einzelnen Tag Mitte Februar und genau genommen würde Regen die Situation zumindest kurzzeitig verbessern.
Problem ist vielmehr die durch die andauernde wolkenlose Hochdrucklage verursachte starke nächtliche Abkühlung (gerade mal ein paar Grad plus) der bodennahen Luftschicht. Die darüberliegenden, wärmeren Luftschichten verhindern dann die Luftzirkulation, was durch die Kessellage Santiagos inmitten von Hügeln, mit den Anden direkt im Osten und dem momentan schwachen Wind noch verstärkt wird. Durch diese Inversionswetterlage können Auto- und Industrieabgase sowie die Verbrennungsrückstände der vielen Estufas (=mobile Gasöfen, um die chilenischen Wohnungen zu heizen) nicht nach oben entweichen. Es bildet sich eine deutlich sichtbare Dunstglocke aus Ruß, Schwefeldioxid, Staub und Nebel, der sogenannte Wintersmog, der alles grau und trostlos aussehen lässt. Dieser kann besonders im Mai und Juni sehr schlimm werden, eben weil es zu dieser Zeit nur selten regnet und der Schmutz so nicht aus der Luft gewaschen wird. Im Unterschied zum aus Deutschland bekannten Sommersmog mit seinen durch die Stickoxide der Autoabgase verursachten erhöhten Ozonwerten kann man hier die schlechte Luft zumindest sehen, was aber nur ein schwacher Trost ist.
Die erhöhten Schadstoffkonzentrationen in der Luft sind natürlich gesundheitsschädlich und man kann das auch spüren, entweder durch tränende Augen, ein Kratzen und vermehrte Schleimbildung im Hals, Reizungen der Nase und Beschwerden beim Atmen oder auch durch Kopfschmerzen.
Als Gegenmaßnahme werden in der 6 Millionen Stadt Santiago vom Ministerio de Transporte in den Monaten April bis August im täglichen Wechsel je zwei Ziffern festgelegt. Endet das Nummernschild eines Nicht-Katalysatorautos auf einer dieser beiden Ziffern, so darf das Auto an diesem Tag nicht fahren. Sobald der Smog die Stufe Alerta ambiental erreicht, werden 4 Ziffern gesperrt, was seit letztem Mittwoch an 5 Tagen der Fall war. Am Samstag wurden zudem die Höchstwerte der vergangenen Jahre überschritten und deshalb die Preemergencia ambiental ausgerufen. Dabei werden noch einmal zwei weitere Ziffern für Nicht-Katalysatorautos und auch zwei Ziffern für Katalysatorautos gesperrt. Natürlich betraf das mit den Ziffern 1 und 2 genau El Rojo. Da wir aber sowieso nichts Besonderes vorhatten, konnten wir gelassen bleiben. In den letzten Jahren gab es pro Smogsaison durchschnittlich 3 bis 4 Tage mit der Stufe Preemergencia ambiental und so wird uns das Fahrverbot dieses Jahr wohl nicht mehr treffen.

Nach diesen eher tristen Nachrichten noch zwei kleine Anekdoten zur Aufheiterung:
Was machen Chilenen im "ach so kalten Winter" um in ihrer Wohnung nicht zu frieren?
Zusätzlich zu den üblichen fahrbaren Elektroheizern oder Gasöfen schalten sie den Elektrobackofen in der Küche ein und lassen dessen Tür offen stehen. Kein Witz, wurde so auf der jährlichen Sicherheitsbelehrung in unserem Gebäude von einer älteren Chilenin stolz erzählt. Der Sicherheitsbeauftragte bekam ganz große Augen und beeilte sich zu erklären, dass dies für den Backofen nicht besonders gut wäre und durch das ständige Aufheizen eventuell ein Kurzschluß verursacht werden kann.
Wie funktioniert eine chilenische Fußbodenheizung?
Man hat einen Thermostat pro Wohnung, mit dem man die Temperatur für alle Räume zugleich auf einen festen Wert einstellen kann. Zum Staunen eines befreundeten deutschen Paares erwärmte sich anschließend aber nicht der Fußboden, sondern die Zimmerdecke. Scheint zunächst als wären die Heizschlangen hier falsch angeschlossen. Bei Nachfragen im Bekanntenkreis stellte sich aber heraus, dass dies in mehreren Häusern so ist - mal wieder eine chilenische Eigenart. Von aufsteigender Wärme scheint man hier noch nichts gehört zu haben. Wir sind schon gespannt, ob unsere Zentralheizung, die wir bisher noch gar nicht gebraucht haben auch so seltsam funktioniert.

Anmerkung vom 8. Juni: Nachdem wir heute unsere Heizung in Betrieb nahmen, stellten wir erleichtert fest, dass es sich um eine ganz normale Fußbodenheizung handelt - man kriegt an einigen Stellen der Wohnung schön warme Füße. Auch die Temperaturregelung mit dem Thermostat scheint ordentlich zu funktionieren. Bleibt also nur die nächste Gastos (Nebenkosten) Abrechnung abzuwarten. Mal sehen, ob wir dann arm sind.

1 Comments:

  • Preemergencia ambiental?? Fahrverbot für 1 und 2??? Huch, das ist uns wohl entgangen... wir waren Samstag am Rio Clarillo. Und das mit XW 7362...

    By Anonymous Anonym, at 21 Mai, 2007 11:05  

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