Silke und Micha in Chile

Mittwoch, 9. April 2008

Fiesta del Vino - Pirque 2008

So langsam wird es Herbst in Chile. In Santiago liegen die Tageshöchsttemperaturen zwar immer noch bei 25-28 Grad und von Regen ist bisher nichts zu sehen, aber gegen Abend kühlt es kräftig ab und die Tage erscheinen seit der Zeitumstellung am letzten Märzwochenende deutlich kürzer.
Eigentlich hatten wir keine speziellen Pläne für das zurückliegende Wochenende - abgesehen von einem schnellen Besuch im Einkaufszentrum, um Michas Haare schneiden zu lassen und ein paar Kleinigkeiten einzukaufen - aufgrund des guten Wetters entschieden wir uns dann jedoch kurzfristig dazu, am Samstagnachmittag auf die vierte Fiesta del Vino der Gemeinde Pirque, ca. 30 Kilometer süd-östlich von Santiago zu fahren.
Wie immer war der Verkehr auf der Ausfallstraße Richtung Puente Alto recht dicht und so brauchten wir fast eine Stunde bis nach Pirque. Weiter ging es gut ausgeschildert (völlig untypisch für Chile) vorbei an Feldern mit zum Teil bereits abgeernteten Reben in Richtung der schon mehrfach von uns besuchten Reserva Rio Clarillo, bis wir nach einigen Kilometern endlich den "mitten in der Pampa" gelegenen Parque Vicente Huidobro erreichten.


Vom 4. bis 6. April fand hier, passend zur gerade laufenden Weinlese, das lokale Weinfest des Valle del Maipo Alto (oberes Maipo-Tal) statt. Wie in den vergangenen Jahren wurden auf dem Fest mehr als 10000 Besucher erwartet und so gab es einen großen Parkplatz, der auch schon gut gefüllt war. Eingewunken vom mehrfach präsenten menschlichen Parkleitsystem stellten wir El Rojo ab, bezahlten den Eintritt von je 5000 Pesos und erhielten daraufhin zwei Weingläser sowie je 5 Tickets für verschiedene Degustationen. Danach ging es in den Pavillon, in dem rund 20 der besten und wichtigsten chilenischen Viñas (Weingüter) ihre Produkte zum Probieren und Kaufen anboten.


Auf dem Weinfest, das eigentlich eher als Konsumentenmesse mit einem Fokus auf chilenische und internationale Privatbesucher konzipiert war, präsentierte sich die Gemeinde Pirque vollmundig als "la capital del vino chileno". Laut El Mercurio hatte der Chef des nationalen Tourismusverbandes in seiner Eröffnungsansprache am Freitag bereits die Wichtigkeit des Weines für den Tourismus unterstrichen und Pirque als einen wichtigen Punkt auf der "ruta del vino" (Weinstraße) bezeichnet, die jährlich von einigen 100000 Besuchern bereist würde. Objektiv betrachtet ist die Bezeichnung der kleinen Gemeinde Pirque als Hauptstadt des Weines sicher eine streitbare Aussage, da es im Zentraltal Chiles mehrere große Weinanbaugebiete gibt. Nicht nur die umliegenden Viñas des Maipo Alto, sondern auch die in den Tälern des Aconcagua, Cachapoal, Colchagua und Maule produzieren erstklassige Weine, aber durch irgendeinen Slogan muss man ja die Werbetrommel rühren.


Tatsächlich kann die Maipo Region aber als Wiege der chilenischen Weinkultur gelten, da sich genau in Pirque die Casa patronal (Haupthaus) der weltbekannten Viña Concha y Toro, dem mit 125 Jahren ältesten Weingutes in Chile befindet. Neben diesem Traditionsunternehmen waren auf der Fiesta auch die übrigen großen Weinkeltereien der Region vertreten und so konnten wir mit unseren Probiertickets frei aus dem Angebot der Viñas Cousiño Macul, Errazuriz, Domus, Haras de Pirque, Carmen, Portal del Alto und einigen mehr wählen.


Nach je zwei Gläschen mussten wir dann erstmal eine kleine Pause einlegen und so schlenderten wir gemütlich über den Vorplatz und vorbei an den Zeltständen außerhalb des Pavillons, in denen unter anderem Ziegenkäse, Oliven-, Palta- und Nussöl, ein wenig Kunsthandwerk oder Süßwaren angeboten wurden. Sogar zwei Stände mit handgebrautem Bier hatten sich hierher verirrt.
Vom Geruch der riesigen Grills und unserem aufkeimenden Hunger angezogen ging es danach in eines der Restaurantzelte, wo wir unter Sonnensegeln zwischen Eukalyptusbäumen ein sehr frühes Abendessen einnahmen.


Wie üblich waren die Portionen - Silke hatte eine butterweiche Pulpa de Cerdo (Schweinefleisch aus dem Ofen) und Micha ein riesiges Stück Costillar (gegrillte Schweinrippchen) - mehr als ausreichend, aber schließlich muss man ja eine ordentliche Grundlage für die Weinverkostung schaffen.


Gut gestärkt durch die traditionelle chilenische Küche ging es anschließend zu einem weiteren Durchgang durch den Pavillon, wo wir nochmals zwei leckere Weinsorten probierten.


Zum Glück gab es an einer Stelle mehrere Wasserspender, so dass man sein Glas ausspülen und zwischen den einzelnen Degustationen einen Schluck zur Geschmacksneutralisation nehmen konnte, denn natürlich hatten wir nicht mit einem leichten Weißwein begonnen und uns zu kräftigeren Weinen hochgearbeitet.


Umrahmt wurde das Weinfest durch verschiedene Folkloredarbietungen und natürlich durfte auch ein kleines chilenisches Rodeo in der angrenzenden Medialuna der Gemeinde Pirque nicht fehlen.


Im Gegensatz zu dem jährlichen nationalen Rodeowettbewerb in Rancagua, den wir letztes Jahr besuchten ging es hier allerdings sehr langsam zu. Die Bullen trabten eher lustlos durch die Medialuna und wie ein chilenischer Zuschauer fachkundig feststellte, "los huasos son muy malos", ja die Reiter waren wirklich schlecht, aber wir hatten damals in Rancagua ja auch nur die Champions aller Vorausscheidungen gesehen und bis an die Spitze dieses Nationalsports ist es wohl ein langer (und staubiger) Weg.


Auf einer Bühne gab es zudem Livemusik und laut Programm sollten um 18:00 Uhr noch die Kandidatinnen, die sich am Sonntag zur Wahl der Weinkönigin angemeldet hatten, vorgestellt werden. Entweder war das Rahmenprogramm im Verzug oder vielleicht hatte sich nur eine Kandidatin angemeldet, so dass man auf eine Vorstellung verzichtete, jedenfalls konnten wir die Schönheiten nicht persönlich in Augenschein nehmen.


Nach einer letzten Runde durch den Pavillon, während der wir unsere verbleibenden Degustationstickets einlösten und die günstigen Messepreise ausnutzend einige Flaschen der vorher gekosteten Weine erwarben, ging es zurück auf den Parkplatz, von wo sich uns ein toller Blick auf die Andenkette im Abendlicht bot.


Auf der Rückfahrt beschwerte sich El Rojo darüber, dass er heute als einziger noch nichts zu trinken bekommen hatte und so hielten wir an einer Tankstelle, damit auch unser Auto zu seinem Recht auf einen leckeren Tropfen kam.

Am Sonntagmorgen wurden wir gegen 8:30 Uhr von zwei Helikoptern geweckt, die mehrfach über unserem Stadtteil kreisten und aus der Luft den von Adidas an diesem Tag veranstalteten Marathon quer durch Santiago beobachteten. Eigentlich wollte Silke als Zuschauerin zu diesem Event, zumal die Route nur einige Blocks südlich unserer Wohnung durch Providencia führte, die frühe Uhrzeit und das gemütliche Bett hielten sie dann aber davon ab und so erfuhren wir die Details und Ergebnisse der Veranstaltung erst am Abend aus dem Fernsehen.

Luftbild der Route - natürlich waren etliche Hauptverkehrsadern gesperrt und viele Zuschauer standen am Straßenrand (Photo: El Mercurio).

12000 Menschen starteten am Präsidentenpalast La Moneda und liefen anschließend durch bis zu 7 Stadtteile (Providencia, Vitacura, Las Condes, Pañalolén, Ñuñoa, Santiago Centro und Quinta Normal) eine der drei angebotenen Distanzen: die klassischen 42km, den Halbmarathon (21km) oder die "Kurzstrecke" von 10km.

Roberto Echeverria, der Sieger auf der Strecke (Photo: El Mercurio).

Am Ende stand der Sieg des 31 jährigen Roberto Echeverria, der für das chilenische Militär startete und sich ab Kilometer 35 mit der Spitzengruppe absetzten konnte. Schließlich übernahm er die Führung und gewann mit einer Zeit von 2:15:39 vor 3 Kenianern, die am Ende erst 4 Minuten nach ihm ins Ziel kamen. Die Siegprämie betrug immerhin 3000 US-Dollar.

Verpflegungsstand auf chilenisch - ein Completo (Hot Dog mit Tomate, Avocadocreme und Mayonnaise) geht immer und kann auch für einen Marathonläufer nicht schlecht sein (Photo: El Mercurio).

El Mercurio titelte am Montag stolz "Chilene gewinnt Marathon und löst Ticket für die Olympischen Spiele". Damit haben sich aus Chile bereits 5 Leichtathleten und insgesamt 16 Athleten qualifiziert und man kann nur hoffen, dass die Spiele in China trotz der Querelen der Tibetkrise stattfinden und Chile vielleicht sogar eine Medaille gewinnt. Im Marathon freilich wird dies schwierig, denn die Weltbestzeit der Männer aus dem letzten Jahr (Berlin-Marathon) liegt bei 2:04:26, gut 10 Minuten weniger. Vielleicht kann der chilenische Athlet ja als Frau starten, da läge er mit seiner Laufzeit aus Santiago nur 10 Sekunden hinter der Weltbestzeit und eine kleine Steigerung sollte ja bei Olympia möglich sein. (Mehr Photos vom Marathon gibt es hier.)

2 Comments:

  • Hallo, das ist ja . witzig, wir schreiben auch einen blog, sind allerdings erst seit September 2007 in Chile.Herbstgrüße aus Vina K. http//erlebnisseinchile.blogspot.com/

    By Anonymous Anonym, at 20 April, 2008 21:36  

  • Hallo Sylke und Micha
    was auf keinen fall in ein Completo fählen darf ist Chukrut, sonst die vollständigkeits Bedingung sind nicht erfühlt.
    Hinweiss für Micha:
    nur ins Saerkraut konvergieren alle Cauchy-Folgen der metrischer Reumen der Hot Dogs.

    By Blogger Unknown, at 23 Juni, 2008 13:51  

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