Silke und Micha in Chile

Dienstag, 31. Juli 2007

Punta de Tralca, der winterliche Pazifik und Isla Negra (Bericht 18)

Nach mehreren stressigen Wochen - Micha war für 5 Tage auf einer Konferenz bei Paris, besuchte anschließend kurz seine Familie in Deutschland (wenn man schon ganz in der Nähe ist) und hatte nach seiner Rückkehr direkt einen Minikurs für eine Winterschule für Mathematikstudenten hier in Santiago vorzubereiten und zu halten, Silke hatte aufgrund grippebedingten Ausfalls einer ihrer Kolleginnen recht viel in der Agentur zu tun - in denen hier in Chile nicht viel erzählenswertes passiert ist, gibt es heute endlich wieder einen kurzen Bericht.
Eigentlich haben wir hier in Chile ja gerade Winter und das Wetter ist auch deutlich schlechter als in den Monaten September bis Mai. Meist ist der Himmel wolkig oder bedeckt und das smog-graue, kühle Santiago nicht gerade einladend. Ab und zu gibt es aber selbst im chilenischen Winter einen schönen Tag, so auch am letzten Samstag.
Die Wettervorhersage hatte Temperaturen von über 20 Grad und wolkenlosen Himmel angekündigt und tatsächlich war das Wetter so mild, dass wir am Vormittag auf der Terrasse eines Cafes in Vitacura frühstücken konnten. Zwischen mehreren Chilenen, die ebenfalls den sonnigen Morgen bei einer Tasse Kaffee, einem Medialuna (Croissant) und ihrer Zeitung genossen, bestellten wir ein üppiges Frühstück mit mehreren Brotsorten, Butter, Marmelade, Obst und für Silke noch Müsli mit Joghurt. Dazu gab es leckere heiße Schokolade. So gestärkt fuhren wir anschließend mit El Rojo in Richtung Küste.


Nach 1,5 Stunden Fahrt zunächst auf der Ruta 68 und anschließend auf einer Landstraße erreichten wir südlich von El Quisco den Pazifik. Wir parkten unser Auto direkt am Strand, wo aufgrund des schönen Wetters sogar einige chilenische Familien spazieren gingen. Wir stiegen aus und genossen nur im Pulli - warm genug war es an diesem Tag ja - die frische Seeluft und die tolle Aussicht.

Na so was, eine sächsische Flagge im Vorgarten; was den Besitzer dieses Strandhauses wohl hierher verschlagen hat?

Gegenüber unseres Parkplatzes, vielleicht 100 Meter von Strand entfernt stand eine Reihe schmucker Häuschen - wir wurden fast neidisch, obwohl die Aussicht auf den fast menschenleeren Strand und den Pazifik sicher nur außerhalb der Badesaison so malerisch ist. Im Sommer, wenn halb Santiago das Wochenende (sonnen)badend an den kilometerlangen Stränden zwischen Viña del Mar und San Antonio verbringt, ist es mit der Ruhe und der schönen Aussicht ja eh vorbei.

Sanft auslaufende Wellen, ein paar Felsen und im Hintergrund die Punta de Tralca.

Wir gingen einige Meter am Strand entlang und beschlossen dann zu Fuß bis zu der von Süden kommenden Punta de Tralca, einer felsigen Halbinsel, die sich lang gezogen in den Pazifik erstreckt, zu laufen.

Micha auf der Strandpromenade.

Nach 20 Minuten gemütlichen Spazierens ging der Sandstrand immer mehr in Felsküste über und wir hatten den Rand der Halbinsel erreicht. Auf deren Rückseite, dem offenen Meer zugewandt brachen sich die Wellen und die Gischt spritzte einige Meter hoch in die Luft.


Manchmal ist die Brandung so aggressiv, dass die Felsen komplett nass werden, aber zum Glück war der Wind an diesem Tag nicht zu stark. Weiter ging es dann auf der schmalen Landzunge Richtung Norden, wo sich imposante Felsformationen aus Granit türmen.

Durchzogen von tiefen Rillen und Spalten trotzen diese Felsen seit Ewigkeiten den Wellen des Pazifiks.

Ein wahres Mekka für Kletterer und tatsächlich sahen wir eine Gruppe von 4-5 Personen, die zwischen den niedrigeren Felsen gerade ihre Ausrüstung sortierten, um anschließend wohl einen der bis zu 30 Meter hohen Granitkolosse zu bezwingen.

Die fast senkrechten Felsen im Hintergrund laden zum free-climbing ein; uns reichte aber schon die Kletterpartie über die kleineren Granitblöcke.

Wir liefen noch ein Stück weiter und genossen die Aussicht.

Blick über die Bucht zurück zum Strand.

Auffallend war der rötliche Teppich aus fleischigen Blattpflanzen, der überhaupt nicht winterlich erschien. Dazwischen immer wieder Flechten und Moos und vereinzelt sogar kleine blaue Blüten.

Micha mit Blick auf den hier gar nicht so Stillen Ozean.

Nach einer guten Stunde machten wir uns auf den Rückweg zu unserem Auto und fuhren anschließend an der Küste entlang ein paar Kilometer Richtung Süden bis nach Isla Negra, einem winzigen Dörfchen, das eigentlich nur entstand, weil hier eines der drei Häuser des chilenischen Dichters und Literatur-Nobelpreisträgers Pablo Neruda steht und tausende von Besuchern anlockt.

Am Wegrand eine auch im Winter blühende Agavenart.

Auch wir hielten an, um das von Neruda selbst geplante, direkt am Meer liegende Haus zu besichtigen. Genau wie die beiden anderen Häuser (La Chascona in Santiago und La Sebastiana in Valparaiso) enthält Isla Negra - das ja gar keine Insel ist - ein Sammelsurium verschiedenster Dinge, die Neruda aus allen Teilen der Welt zusammengetragen hat.

Isla Negra, Pablo Nerudas Lieblingshaus.

Da wir bis zu unserer Führung noch eine halbe Stunde warten mussten, konnten wir in dem angrenzenden Restaurant schnell einen Churasco (warmes Sandwich mit dünnen gebratenen Rindfleischscheiben und wahlweise Zusätzen wie Käse, Tomate, Palta etc.; typisch chilenisch) zu Mittag essen. Wir saßen dabei an einem Tisch mit fantastischem Blick direkt auf den Sandstrand und die auch hier kräftigen Wellen.

Nerudas Garten mit direktem Zugang zum Strand - da versteht man sofort warum Neruda diesen Platz so liebte.


Ein kleines Segelboot im Hof des Hauses, ob Neruda das nur gesammelt oder wirklich benutzt hat, ist wohl nicht bekannt.


Der Eingang zum Wohnflügel mit Schlaf-, Wohn- und Esszimmer, alles voll mit den von Neruda gesammelten Raritäten (Galionsfiguren, farbige Trinkgläser und über 300 Glasflaschen).


Der zweite Flügel des Anwesens mit Nerudas Arbeitszimmer, seiner Bibliothek und einem großen Raum für seine gesammelten Objekte (Ritualmasken, Buddelschiffe, Musikinstrumente, Bilder, Muscheln, Insekten).


Seltsamer Baum, scheint fast als sei er im Kreis gewachsen.

Auf dem Nachhauseweg fuhren wir auf einigen winzigen Nebenstraßen entlang der Küste bis nach Cartagena, um so die Maut zu sparen - hatten wir doch schon auf der Hinfahrt drei Zahlstellen passiert. Am Wegrand standen überall Stände, an denen fangfrische Jaibas (Schwimmkrabben) angeboten wurden, aus denen hier in Chile unter anderem eine Art Auflauf (Pastel de Jaiba) zubereitet wird.

Nanu, Jaibas ganz ohne Verkäufer, oder ist hier kostenlose Selbstbedienung?

Hinter Cartagena ging die Fahrt dann weiter auf der Ruta 78, die wir ja schon von unserem Ausflug nach Pomaire und San Antonio kannten. Da wir diesmal aber früh genug unterwegs waren, konnte Micha endlich ein Bild von seinen heiß geliebten Clon-Häusern machen.

Clon-Häuser nahe Santiago.

Stehen da in den Außenbezirken von Santiago doch mehrere riesige Flächen, schon fast ganze Wohngebiete, bebaut mit einem einzigen Haustyp. Alles ordentlich in Reih und Glied, vielleicht 10 Reihen mit je 15-20 identischen Gebäuden, quasi Reihenhaussiedlung im großen Maßstab. Klar, dass die Häuser auf diese Weise billig sind: Teure individuelle Planung entfällt und der massenhafte Bau bringt Mengenrabatt bei den Materialkosten. Nur dumm, wenn man keinen guten Orientierungssinn hat, da kann man dann nur Häuser zählen und ob ein Betrunkener je wieder zurück Hause findet ist da auch fraglich.

Und wieder Clon-Häuser, diesmal immerhin mit verschiedenem Anstrich.

Nach einen schönen und erholsamen Tag waren wir fast traurig, am frühen Abend wieder in das smog-verhangene Santiago zurückzukommen.
Seit Sonntag ist das Wetter wieder herbstlich grau, mit starkem Nebel. Aber frühlingshafte, fast sommerliche Tage sollten im Winter ja auch nicht alltäglich sein.

Sonntag, 8. Juli 2007

Familientreffen in Deutschland

Micha auf Kurztrip in Deutschland:


Zum Glück spielte das gar nicht sommerliche Wetter zumindest am Wochenende mit und so gab es am Samstag ein Familientreffen mit Kaffeetrinken und abendlichem Grillen im Garten.