Silke und Micha in Chile

Samstag, 27. Januar 2007

El Rojo - unser neues Auto

Seit Donnerstag sind wir stolze Besitzer eines Toyota Yaris Sport. Zwar kommt man in Santiago selbst auch gut ohne Auto aus - Metro, Busse und Taxen decken die Innenstadtbezirke vollständig ab und sorgen für ausreichende Mobilität auch ohne eigenes Fahrzeug. Einziger Minuspunkt sind vielleicht die Großeinkäufe am Wochenende. Mit Tüten und Getränkeflaschen bepackt vom Supermarkt mit dem Bus zu fahren oder nach Hause zu laufen, kann auf Dauer doch etwas nerven...
Der Hauptgrund für uns ein eigenes Auto zu kaufen war aber die größere Flexibilität für Ausflüge am Wochenende und natürlich unser für Februar geplanter Urlaub - in Chile sind ja oft gerade die etwas abgelegeneren Plätze sehenswert.


Heute haben wir gleich mal eine erste Spritztour mit unserem "El Rojo" gemacht. Wir waren etwa 50 km süd-östlich von Santiago zu einem Grillfest im Parque Los Heroes bei San José de Maipo eingeladen. Bei strahlendem Sonnenschein konnten wir gleich die Klimaanlage ausprobieren. Obwohl ein Neuwagen ja erst langsam eingefahren werden soll, waren wir recht gut unterwegs und sind am Abend nach einem schönen Tag erholt, vollgegessen - das Asado war wieder sehr üppig - und völlig zufrieden wieder zuhause angekommen.

Donnerstag, 4. Januar 2007

Weihnachts- und Silvesterbräuche in Chile (Bericht 8)

Wieder einmal ist es Zeit die Unterschiede zwischen Deutschland und Chile zu beschreiben, diesmal natürlich speziell im Hinblick auf die Vorweihnachtszeit und die Feiertage.

  1. Im Advent:

    • Aufgrund der hohen Temperaturen gibt es nur künstliche Adventskränze.
    • Die chilenischen Kinder bekommen üblicherweise keinen Adventskalender. Eine der großen Supermarktketten hatte immerhin einfache Schokokalender. Dort hat Silke dann für Micha auch noch einen Adventskalender aus Filz gefunden. Gefüllt wurde dieser mit je einer Spanischlektion, die Micha bei erfolgreicher Bearbeitung gegen eine Süßigkeit eintauschen durfte.

      Micha's Spanisch-Adventskalender
    • Am ersten und zweiten Dezember findet die landesweite Spendenaktion "Teletón - Todo el corazon" statt. Die ganze Stadt ist mit Plakaten übersät und auf allen öffentlichen Fernsehsendern wird teilweise sogar parallel zwei volle Tage lang das gesamte Programm von Galas und Spendentelefon-Sendungen dominiert.
    • Der Nikolaustag am 06. Dezember wird in Chile nicht gefeiert. Dafür gibt es am 08. Dezember aber den Feiertag "Mariä Empfängnis".

      Zu Silke und Micha kam der Nikolaus dann aber doch.
    • Anstelle der europäischen Weihnachtsmärkte gibt es in Santiago einige Kunsthandwerkermärkte und Wohltätigkeitsbazars mit sehr netten Sachen. Wir haben dort fast alle unsere Weihnachtsgeschenke gefunden.
    • Die meisten Chilenen kaufen ihre Geschenke aber im Zentrum und in den großen Einkaufs-Malls und in den letzten Tagen vor dem 24.12. sieht man auf den Straßen und in der Metro Tausende von Leuten riesige Tüten mit meist schon verpackten Geschenken nach Hause schleppen. Die U-Bahn ist immer brechend voll und auf den Straßen ist nach Feierabend fast kein Durchkommen, da alle die langen Öffnungszeiten der Kaufhäuser ausnutzen. Der Trubel ist noch größer als in Deutschland, was sicher auch an der Größe der Stadt (6 Mio. Einwohner) liegt. Zudem sind die Geschäfte hier selbst am 24.12. noch bis 22:00 Uhr geöffnet und die Chilenen nutzen dies gnadenlos um noch letzte Weihnachtsgeschenke zu kaufen.
    • Neben dem üblichen Verpackungsservice vieler Kaufhäuser und Geschäfte spielen die Kioske der Innenstadt eine wichtige Rolle. Die Zeitungsständer der Kioske sind komplett mit Geschenkpapier, Geschenkband und Geschenktüten gefüllt. Manchmal kann man die Zeitungen dahinter gar nicht mehr sehen. Natürlich wird alles zu Billigpreisen verkauft. Vor den Kiosken bieten zudem freiberufliche Geschenke-Verpacker ihre Dienste an.

      Eigentlich ein Zeitungs- und Süßigkeitenkiosk; kurz vor Weihnachten mutiert dieser aber zur Geschenkeverpack-Zentrale.
    • In den Shopping-Malls ist genau wie in Deutschland alles weihnachtlich dekoriert.



      Und natürlich darf - typisch US-amerikanisch beeinflusst - auch nirgends ein großer Sessel mit einem Weihnachtsmann (und ein paar weiblichen Elfen) fehlen, bei dem die Kinder ihre Wünsche abgeben und sich fotografieren lassen.


      Daneben werden allerdings, passend zum Sommeranfang, oft Fahrräder, Gartenmöbel und Grills verkauft. Eine etwas gewöhnungsbedürftige Mischung. Das Absonderlichste - für unsere europäischen Vorstellungen - war ein Picknickservice aus Plastik mit Weihnachtsmotiven und SCHNEEFLOCKEN.
    • Etwas weihnachtliche Stimmung kommt dann aber doch auf, zumal viele Strassen abends in festlichem Lichterglanz erstrahlen und auf einigen Plätzen und Parks spanische Weihnachtslieder erklingen. Auch die Straßenmusikanden stellen ihr Repertoire natürlich auf "villancicos" um. In Providencia ist besonders die Municipalidad geschmückt. Dort gibt es zusätzlich farbige Lichtspiele, eine lebensgroße Krippe und auf dem Balkon steht ein ganzer Chor Engel.
    • Auch an manchen Privathäusern sieht man weihnachtliche Dekoration, allerdings bei weitem nicht so viel wie in Deutschland.
    • Auf der Plaza de Armas wurde schon Anfang Dezember ein etwa 20 Meter hoher Weihnachtsbaum geschmückt. Die Arbeiter hingen und kletterten an den gespannten Seilen und befestigten das künstliche Grün.

      So entsteht ein Weihnachtsbaum in Chile...

      ... der fertige Mega-Weihnachtsbaum an der Plaza de Armas kann sich dann auch sehen lassen.

      Auch ein paar kleinere Exemplare (5-8 Meter) konnte man noch bewundern.
  2. Die Weihnachtstage:

    • Wie schon bei den Adventskränzen gibt es auch bei den Weihnachtsbäumen fast nur künstliche Exemplare. Diese werden auf die amerikanische Art mit mehrfarbig blinkenden Lichtern und bunten Kugeln überfrachtet und oft erklingt sogar ein Weihnachtslied aus dem Baum. Die wenigen "echten" Bäume werden für horrende Summen (etwa 100 EUR) im Topf angeboten. So übersteht der Baum die Hitze und kann am Ende der Weihnachtszeit dann in den Garten gepflanzt werden.
      Da uns beide Alternativen nicht so richtig zusagten, haben wir kurzerhand unsere Araukarie mit ein paar Zuckerstangen und Kugeln geschmückt.

      So gibt der chilenische Nationalbaum doch einen super Christbaum ab und stechen tut er ja genau wie eine Tanne oder Fichte auch.
    • Natürlich hat man in der Sommerhitze keine Lust auf Glühwein, der hier auch gar nicht verkauft wird. Das chilenische Äquivalent ist Cola de Mono (=Affencola). Es besteht aus Schnaps gemischt mit Kaffee, Milch, Zimt, Vanille und viel Zucker und wird eisgekühlt getrunken.
      Neben Zuckerstangen und Keksen wird zu Weihnachten speziell das "Pan de Pascua" (wörtlich Osterbrot ?), ein Hefeteig-Brot mit kandierten Früchten in etwa eine Mischung aus Stollen und Früchtebrot gegessen.

      Auch in Chile gibt es Weihnachtsplätzchen; sie heißen hier "galletas de Navidad"
    • Wie schon angedeutet haben Geschenke bei den Chilenen einen hohen Stellenwert. So bekommen die Angestellten Geschenke von Ihren Vorgesetzten, Firmen verschicken Präsente an ihre Kunden und für die Concierges und Putzfrauen in unserem Haus wurden dutzende Geschenke vor dem Weihnachtsbaum in der Eingangshalle deponiert. Auch das Geschenkeverteilen nach dem "amigo secreto" System (Wichteln) ist unter Freunden sehr beliebt.
    • Das Essen in der Noche Bueno (=Heiliger Abend) besteht traditionell aus einer Hühnersuppe mit Kartoffeln, Zwiebeln und Mais; als Hauptgericht gibt es gebratenes Huhn mit frischem Salat und als Nachspeise Pfirsich oder Ananas. Am 25. veranstalten viele Chilenen ein Asado (Grillfest) oder es gibt Meeresfrüchte, mit Maispolenta gefüllten Truthahn und dazu frisches Gemüse und natürlich Wein. Die Supermärkte verkaufen in den Tagen vor dem Fest eine Art Standard-Fress-Paket - Kartons mit allen "Zutaten" für das Weihnachtsessen, die sich großer Beliebtheit erfreuen.
    • Nachdem ca. 80 Prozent der Chilenen katholisch sind gehen viele am Heiligen Abend auch in die Misa del Gallo, eine Art Mitternachtsmesse am späten Abend mit feierlichen Gesängen, Lesungen und Eucharistie zum Gedenken an die Geburt Jesu.
    • Anschließend kommt die ganze Familie - oft inklusive Großeltern, Tanten und Onkel - zusammen; man singt Weihnachtslieder und um 24:00 Uhr findet die eigentliche Bescherung statt.
    • Die Geschenke werden hier vom Viejo Pascuero, dem alten Weihnachts-Mann, gebracht, der meist mit rotem Mantel und weißem Bart dargestellt wird. In anderen Gegenden sieht er wie ein südamerikanischer Rancher aus und er hat dann auch anstelle von Rentieren ein Lama dabei.

      Das Haus betritt er in der Vorstellung der Chilenen meist durch ein Fenster, da es aufgrund des warmen Klimas kaum offene Kamine gibt.
    • Den 25.12. genießen viele Chilenen mit Ihren Familien am Strand oder in ihren Sommerhäuschen auf dem Land. Leider gibt es keinen 2. Weihnachtsfeiertag, so dass ab dem 26.12. wieder das normale Leben einkehrt.
    • Auch der Drei-Königs-Tag am 06.01. ist kein Feiertag und die Sternsingertradition fehlt ebenfalls.

    • Hier noch ein paar Eindrücke unseres Weihnachtsfestes:

      Unsere Wohnung haben wir natürlich weihnachtlich dekoriert...

      ... und am 24.12. auch unsere Krippe aufgestellt.

      Aufgrund der sommerlichen Temperaturen verbrachten wir den Nachmittag des Heiligen Abends auf unserem Balkon, mit einem Stück Kuchen und einem kühlen Cocktail. Durch die 4 Stunden Zeitverschiebung konnten wir via Skype mit unseren Familien telefonieren, ihnen frohe Weihnachten wünschen und ihnen mit der neuen WebCam - Silke's Weihnachtsgeschenk - ein paar optische Eindrücke schicken.

      Leichter Wind in den Gardinen, aber ansonsten sehr warm.

      Micha beim Installieren der WebCam.

      Am Abend haben wir dann ganz traditionell Fondue gegessen. Hier gibt es ja super leckeres Rindfleisch und das muss man ausnutzen. Zur Bescherung saßen wir dann bei einbrechender Dunkelheit und Kerzenschein wieder auf dem Balkon.

      Silke bekam unter anderem eine typische Tonkrippe aus Peru.

      Der wippende Weihnachtsmann besteht aus einer Art Kürbis (die Samen klappern ein wenig) und hängt an einer Feder. Ihn haben wir auf einem der Weihnachtsbazars gekauft.

      Am ersten Feiertag sind wir wegen der heißen Temperaturen eine Runde im hauseigenen Pool schwimmen gegangen - fanden wir schon witzig, uns dabei vorzustellen, dass das in Deutschland trotz Klimaveränderung eher noch nicht möglich ist.
  3. Silvester und Neujahr:

    • In Chile werden keine Feuerwerkskörper verkauft. Micha war daher ganz schön traurig. Stattdessen veranstalten die Kommunen/Stadtteile einige Großfeuerwerke, die zwar ganz nett anzuschauen, aber nach Micha's Meinung eben kein Ersatz für ein paar selbst geworfene Böller sind.
    • In Chile ist zum Jahreswechsel Hauptferienzeit, also Hochsaison für einen Strandurlaub. Hunderttausende Chilenen und Touristen pilgern daher zu Silvester in die Hafenstadt Valparaíso, um von einem der Hügel aus das Feuerwerk über der Hafenbucht zu erleben.
    • In Santiago selbst gibt es große Feuerwerke in der Innenstadt (ENTEL-Turm, 24:00), in Las Condes (Cerro Calan, 24:00) und in Nuñoa (Estadio Nacional, 01:00). Wir hatten daher auch das Vergnügen zweimal Feuerwerk zu sehen, einmal mit Blick Richtung Innenstadt und nach einem längeren Spaziergang in den südlich von Providencia gelegenen Nachbarstadtteil noch das von Nuñoa.
    • Parties gibt es natürlich auch genug. Zum Beispiel im Parque Domínicos am Ende der Av. Apoquindo oder auf der Alameda in der Innenstadt. Alternativ bieten die meisten Hotels Silvesterpakete mit Galadinner und Tanz an.
    • Man feiert mit Luftschlangen, Girlanden, reichlich Konfetti und lustigen Plastikhüten an die als Haare silberfarbene Folienstreifen geklebt sind.
    • Angestoßen wird mit Sekt (über den Geschmack lässt sich streiten) oder auch härteren Sachen.
    • Als typische Silvesterbräuche haben wir folgendes in Erfahrung gebracht: Genau um 24:00 Uhr schluckt man 12 Trauben (zu jedem Glockenschlag eine) und wünscht sich dabei zu jeder Traube etwas. Soll in der Eile gar nicht so einfach sein und man darf sich nicht verschlucken, sonst bringt es Unglück. Außerdem ist die Wahl der Unterhose besonders für Singles bedeutsam: Gelb steht für Wohlstand, Rosa für die Liebe und Rot für die Leidenschaft. Wenn man da die falsche Farbe trägt, wirkt sich das auf das ganze kommende Jahr aus...
    • Viele Chilenen bevorzugen es den Jahreswechsel zunächst mit der Familie zu feiern. Nach 24:00 Uhr geht man dann aber spätestens auf die Strasse, wünscht allen und jedem ein "Feliz año !" und natürlich fängt die Nacht damit erst richtig an. Mit hupenden Autos fährt man in die Disco oder auf eine private Party, wo man bis zum nächsten Morgen feiert. Leider fahren einige Chilenen auch alkoholisiert Auto, so dass es in der Silvesternacht und am Neujahrsmorgen zu etlichen Unfällen kommt. Also besser erst wieder nachmittags auf die Strasse gehen.
    • Die Ureinwohner Chiles, die Mapuche feiern das Neue Jahr dagegen in der Nacht des 23. Juni. Man versammelt sich um ein großes Feuer und erzählt Geschichten. In der Morgendämmerung nimmt man dann ein Bad im kalten Wasser eines Flusses oder Baches, um sich spirituell zu reinigen und anschließend das mit der aufgehenden Sonne anbrechende neue Jahr zu begrüßen.

P.S.: Inzwischen kamen auch die beiden Weihnachtspakete aus Deutschland gut hier in Chile an. Leider mit etwas Verspätung erst im neuen Jahr; waren sie doch wiedermal knappe 6 Wochen unterwegs. Vielleicht will die Post oder der Zoll auf diese Weise ja die Vorfreude steigern? Irgendwie scheint dieses Problem insbesondere deutsche Pakete zu treffen, da Silkes Kollegin Pakete aus Österreich immer innerhalb von 2-3 Wochen erhält und da auch Briefe aus Frankreich deutlich schneller ankommen als Briefe aus Deutschland.